Entscheidungen
Wie viele Entscheidungen treffen wir am Tag? Es sind einige Tausend. Wir treffen Entscheidungen emotional, rational oder zufällig. Die meisten treffen wir automatisch, unbewusst. Nur wenige unserer eigentlichen Entscheidungen bedürfen einem Prozess, der uns bewusst beschäftigt.
Viele Entscheidungen fallen uns leicht, wenn wir bewusst abzuwägen haben. Über einige müssen wir nicht lange nachdenken, wenn unser Gehirn eine Entscheidung „für uns“ innerhalb kürzester Zeit fällt. Dazu greift es auf gelernte Erfahrungen aus der Vergangenheit zurück: Welche Strecke wähle ich, um zu einem bestimmten Ort zu kommen? Welche Dinge benötige ich, wenn ich frühstücken möchte?
Die Dinge des täglichen Ablaufes stellen uns vor keine größeren Entscheidungen. Wir wählen aus Handlungsalternativen, die uns zu einem Ziel führen sollen anhand unseres Informationsgrades. Je häufiger wir ein Ziel verfolgt haben, z. B. den Weg zu einem Ort gewählt oder Zutaten für unser Frühstück ausgesucht, desto routinierter werden wir im Umgang mit unseren Entscheidungen. Uns sind die Vor- und Nachteile unserer Handlungsalternativen bekannt – unser Informationsgrad wächst also mit dem Lernen. Wenn routinierte Entscheidungen einmal nicht zum Ziel führen – vielleicht stoßen wir auf einer Strecke eines Tages auf eine Baustelle – so reflektieren wir den Entscheidungsprozess, bewerten ihn neu und wählen eine andere Alternative. Unser Informationsgrad ist gewachsen. Im Falle einer Baustelle erhalten wir gar in Form einer ausgeschilderten Umleitung eine Entscheidungshilfe.
Die großen Entscheidungen
Die Entscheidungen für die täglichen Routinen sind meist ohne besondere Auswirkungen für uns. Wie steht es um die großen, richtungsweisenden Entscheidungen im Leben? Wie beim Kartenspiel kann hier eine falsch ausgespielte Karte zum Erfolg oder Misserfolg führen.
Auch diese Entscheidungen versuchen wir anhand unseres Informationsgrades zu treffen. Wenn wir nicht über eigene, bereits erlebten Erfahrungen verfügen, so beziehen wir ähnliche Situationen aus unserem Umfeld ein. War bspw. der Bekannte, der seinen Job gewechselt hat, später zufrieden? Welche Dinge haben ihn bewegt, diese Entscheidung zu treffen? Mit diesem Vergleich versuchen wir, ein Defizit der nicht ausreichenden eigenen Erfahrung auszugleichen. Natürlich kann das nicht immer genügen, da andere Personen auch andere Voraussetzungen mitbringen und Kriterien in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen, die für uns nicht relevant sind.
Der biologische Einfluss
Wenig bekannt ist, welchen Einfluss unsere Emotionen auf unsere Entscheidungen haben. Nicht, dass wir eine Entscheidung „aus der Laune heraus“ treffen würden. Unsere Grundgefühle – unsere emotionale Disposition – verändert sich in unserem Leben nur wenig und hat daher einen essentiellen Einfluss auf unsere Entscheidungen und auch unsere Entscheidungsfreudigkeit. Brauchen wir lange, um zu einem Entschluss zu kommen? Wollen wir sicher gehen, versuchen wir (vermeintlich) möglichst rational-logisch eine Entscheidung zu treffen? – Treffen wir schnell eine Entscheidung? Sind wir uns einer Sache sicher, auch wenn nicht alle Determinanten genügend berücksichtigt sind? Wovon machen wir eine Entscheidung abhängig?
Die Entscheidungsfindung hat eine enge Verbindung zum Selbstbewusstsein, Selbstwert und Selbstwirksamkeit. Sind wir uns unserer Stärken und Schwächen bewusst, kann ich Konsequenzen einer Entscheidung für mich eher abschätzen. Sind wir uns unseres Wertes bewusst, können wir Entscheidungen besser aus dem Vertrauen auf die eigenen Ressourcen treffen. Sind bereits positive Erfahrungen aus wichtigen Entscheidungen in der Vergangenheit, so stärkt das unsere Selbstwirksamkeit. Nicht anders lernt ein Kind nach und nach, richtige Entscheidungen zu treffen. Auch wenn die Konsequenzen für ein Kind natürlich andere als für einen Erwachsenen sind.
Auch der eigene Organismus wirkt darauf ein, wie wir zu einer Entscheidung neigen. Unsere Tagesform und damit einhergehende Stimmung kann uns zu Entscheidungen führen, die wir vielleicht bereuen. Nicht zu unterschätzen ist der psychologische Belohnungseffekt: Er kann uns dazu verleiten eine Entscheidung zu treffen, welche für uns kurzfristig eine Erleichterung – also Befriedigung – bedeutet, langfristig aber zu negativen Konsequenzen führen kann. Sicherlich ist uns allen das Gefühl bekannt, partout keine Entscheidung treffen zu können oder zu wollen – oft hilft dann auch, eine Nacht „darüber“ zu schlafen.
Besonders unter Stress zeigt sich, wie wir zu Entscheidungen neigen können. Auch wenn der Mensch sich über zehntausende Jahre entwickelt hat, reagieren wir unter Stress noch nach alten Mustern: Angriff, Flucht oder Erstarren bestimmen unser Handeln. Diese drei „F“ („Fight“, „Flight“ und „Freeze“) basieren heute jedoch wieder auf unserem Informationsgrad: Welche (körperliche) Reaktion ist die sinnvollste, war ich dieser Situation bereits ausgesetzt?
Die falsche Entscheidung
Ob nun rational-logisch oder emotional-affektiv – oft treffen wir wichtige (große) Entscheidungen, deren Konsequenzen wir später bereuen. Diese negative Reue löst einen Stress aus, der bewältigt werden will. Letztendlich kann eine bereute Entscheidung uns in unserer Selbstwirksamkeitserwartung einschränken und damit unseren Selbstwert mindern. Eine Entscheidung mit negativen Konsequenzen, die von uns nicht reflektiert wird, hemmt unsere Entscheidungsfreudigkeit. Sie fördert den Druck, zukünftig wichtigen Entscheidungen entweder auszuweichen (Flucht) oder den Informationsgrad mit einer rational-logischen Herangehensweise derart ausweiten zu wollen, damit wir die vorher negative (emotionale) Erfahrung möglichst sicher ausschließen können.
Die Psychologie rät in solchen Fällen, die Konsequenz für solche Fehlentscheidungen auf äußere Umstände zu schieben – das stärke unseren Selbstwert. Möglich – doch dient dann ein „äußerer Umstand“ nur als Substitut. Hilfreicher kann es sein, die eigene Intuition zu stärken und ihr auf die Spur zu kommen. Auch wenn unsere Intuition auf unseren Erfahrungsschatz zurückgreift kann sie ein Impulsgeber bei Entscheidungen sein, die eine wichtige Weichenstellung für unser Leben bedeuten.